Wie können wir das weiter Aushalten, wenn keiner die Fakten der Menschenrechtsverletzungen anspricht? Eine Frau aus Saudi-Arabien, die Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden ist, wurde zu 200 Peitschenhieben und sechs Monaten im Gefängnis wegen „Unzucht“ schuldig gesprochen, da sie über dieses Verbrechen in den Medien berichtete.

Die Schiitin war im Jahr 2006 damals 19 Jahre alt und saß im Auto eines Studienfreundes, als zwei Männer in das Fahrzeug stiegen und mit ihr zu einem abgelegenen Gebiet fuhren, wo sie von sieben Männern vergewaltigt wurde, berichtete die Nachrichtenagentur „Middle East-Monitor“. Sie wurde zunächst erst mit 90 Peitschenhieben dafür verurteilt, dass sie im Auto eines fremden Mannes gesessen habe und dies nach Saudi-Arabischen Recht vorschreibt, dass ein männliches Familienmitglied jeder Zeit in der Öffentlichkeit eine Frau zu begleiten hat.

Die Vergewaltiger wurden, überraschend, zu Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren verurteilt, in Anbetracht der Tatsache, dass ihnen die Todesstrafe für dieses Verbrechen drohte.

Der Rechtsanwalt des Opfers, Abdul Rahman al-Lahem hat vor dem höchsten Gerichtshof Berufung gegen das Urteil eingelegt. Da sich das Vergewaltigungsopfer jedoch unterdessen an die Medien gewandt hatte, wurde die Strafe von der höchsten Instanz verdoppelt.

„Das Rechtssystem ermöglicht gegen erstinstanzliche Urteile in die Berufung zu gehen, allerdings ohne sich an die Presse zu wenden“, sagte ein saudischer Vertreter in einer Presseerklärung bei der offiziellen Saudi Presse Agentur.

Dem Rechtsanwalt wurde dieser Fall danach entzogen, seine Anwaltslizenz wurde ihm konfisziert, und es wurde ein Disziplinarverfahren für Ende des Monats gegen ihn einberufen. Das Urteil wurde von einer Vielzahl von Politikern und Menschenrechtsorganisationen in der ganzen Welt kritisiert.

Darüber hinaus sagte der frühere US-Außenamtssprecher Sean McCormack: „Ich denke, wenn Sie das Verbrechen und die Fakten betrachten, wofür das Opfer bestraft wurde, werden Sie überrascht und erstaunt sein. Es ist aber die Aufgabe der Regierung Saudi-Arabiens, ihre Urteile zu überprüfen und zu revidieren.“

Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ wies darauf hin, dass dieses Urteil nicht nur die Nachricht an die Opfer sendet, dass sie keine Anzeige erstatten sollen, sondern außerdem den Tätern Schutz und Straffreiheit bietet.

Internationale Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt gegen die Rechtsprechung in Königreich Saudi-Arabien protestiert. Sie sagen, dass Saudi-Arabien sich seiner repressiven Politik, die Freiheit der Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit im Keim zu ersticken, implementiere.

In Deutschland wird von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gefordert, dass er beim seinem Besuch in Saudi-Arabien auch die Menschenrechte anspricht. Dort ist auch der Blogger Raif Badawi (@raif_badawi) nicht außer Gefahr. Der Blogger war im Mai 2014 zu zehn Jahren Haft, 1.000 Stockschlägen und einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in einem Internetforum den Islam beleidigt haben soll. Die Menschen haben weltweit gegen diese menschenverachtende Tortur protestiert. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte den deutschen Bundeswirtschaftsminister indessen auf, Druck auf die saudische Regierung auszuüben.

Es gehe darum, den Golfstaaten deutlich zu machen, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen schwieriger gestalten würden, wenn sich diese Situation nicht ändere.

Sigmar Gabriel fliegt am Samstag, 7. März nach Riad und wird von Vertretern von 80 Unternehmen begleitet. Der SPD-Chef hatte in dieser Woche in Berlin das saudische Königshaus in Anwesenheit des Ölministers Ali al-Naimi an die Einhaltung von Menschenrechten erinnert, ohne aber den Fall des Bloggers Badawi direkt zu erwähnen.

Wie können wir das weiter Aushalten, wenn keiner die Fakten der Menschenrechtsverletzungen direkt anspricht?

Quelle: Saudi court hands gang-raped woman 200 lashes, 6-month jail term